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Seminar „Zwangsarbeit und Konzentrationslager“

„Davon haben wir nichts gewusst!“ – eine immer noch verbreitete Aussage, wenn Mitwisser- und -täterschaft während der Zeit des Nationalsozialismus geleugnet oder relativiert werden sollen. Gegen Legenden helfen nur genaue Analyse und konkretes Wissen. Darum widmet sich das Seminar Zwangsarbeit und Konzentrationslager einem Thema, das wie kein zweites geeignet ist, die Beteiligung der gesamten deutschen Gesellschaft an den Verbrechen der Jahre 1933 bis 1945 aufzuzeigen.

Besucher:innen blicken auf die Überreste der früher hier montierten V1-Flugbomben in einem der Querstollen des KZ Mittelbau-Dora
Besucher:innen in der Stollenanlage, 2012. ©KZ Gededenkstätte Mittelbau-Dora

Zwangsarbeit war von Beginn an ein prägender Bestandteil der KZ-Haft. Zunächst als schikanöses Mittel der Bestrafung und „Erziehung“ eingesetzt, versuchte die SS schon bald, durch gnadenlose Ausbeutung finanzielle Gewinne zu erzielen. In der zweiten Kriegshälfte ging die SS dazu über, Häftlinge als Zwangsarbeiter an die Rüstungsindustrie zu verleihen. Die Häftlinge sollten helfen, die drohende Kriegsniederlage abzuwenden. Zwischen 1942 und 1945 entstanden etwa 1.000 KZ-Außenlager bei Industriebetrieben und Bauprojekten.

Die Raketenmontage-Halle F 1 in Peenemünde, die sich durch ihre Größe und Höhe auszeichnet. Im Vordergrund ziehen Menschen in die Halle ein. Dahinter sind Menschen zu erkennen, die zum Appell angetreten sind. Nahe der Seitenwand der Halle sind mehrere Hakenkreuzbanner angebracht.
Betriebsappell in der Raketenmontage-Halle F 1 in Peenemünde, vermutlich 18. Juni 1943. Foto: Unbekannt.

Zwangsarbeit von KZ-Häftlingen fand nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Vielmehr wurden hier Behandlungsnormen eingeübt, die auch beim millionenfachen Einsatz von Kriegsgefangenen und zivilen Zwangsarbeitern nach 1939 Akzeptanz fanden. Dazu zählen vor allem die strikte Hierarchisierung der Betroffenen nach rassistischen Kriterien, die ständige Selektion nach Arbeitsfähigkeit und die strenge räumliche Trennung der verschiedenen Gruppen. Beim Einsatz der KZ-Häftlinge tritt am drastischsten zutage, dass Zwangsarbeit häufig tödliche Folgen hatte.


Das Seminar Zwangsarbeit und Konzentrationslager richtet seinen Fokus auf drei historische Schwerpunkte:

  • Funktionswandel der Zwangsarbeit von KZ-Häftlingen: vom Mittel der „Erziehung“ über den Versuch, ökonomische Profite zu erzielen, zur „letzten Reserve“ einer untergehenden Kriegswirtschaft
  • Verbindung zwischen KZ-Zwangsarbeit und anderen Formen von Zwangsarbeit: der rücksichtslose Einsatz von Zwangsarbeitern in allen Bereichen unter Anwendung spezifisch nationalsozialistischer Prinzipien – ein wesentliches Kennzeichen der deutschen Wirtschaft im Zweiten Weltkrieg
  • Beteiligung der gesamten deutschen Gesellschaft an dem Verbrechen „Zwangsarbeit“: bedenkenlose Akzeptanz und tägliche Praxis beim Einsatz von Zwangsarbeitern unter ideologisch geprägten Bedingungen – die systemstabilisierende Wirkung von Zwangsarbeit im Sinne der Stärkung der sogenannten „Volksgemeinschaft“

Drei historische Orte sind es, an denen die Inhalte des Seminars erfahrbar gemacht werden. Sie ermöglichen besonders anschauliche Einblicke in die Funktionsweise der NS-Gesellschaft.

  • Buchenwald/Weimar steht für die Aufbauphase der Konzentrationslager, für die Entwicklung der KZ-Zwangsarbeit vom Terror hin zum Versuch, ökonomische Gewinne zu erzielen, und für die damit verbundene Einbeziehung immer breiterer Kreise der Bevölkerung. 
  • Das KZ Mittelbau-Dora zeigt am Beispiel der Untertageverlagerung von Rüstungsfertigungen die Absicht, kriegswirtschaftliche Engpässe ohne Rücksicht auf Leben und Gesundheit der KZ-Zwangsarbeiter zu überwinden.
  • Die „KZ-Landschaft“ im Südharz symbolisiert die Allgegenwart von Zwangsarbeit in der deutschen Kriegsgesellschaft mit ihrem Nebeneinander von KZ-Außenlagern, Kriegsgefangenenkommandos und Lagern für ausländische Zivilarbeiter.

In Buchenwald/Weimar, Mittelbau-Dora und dem Südharz gibt es für die verschiedenen Themen jeweils charakteristische Orte. So wird etwa am Steinbruch in Buchenwald die Dominanz der „Erziehung“ in der Anfangsphase des Konzentrationslagers deutlich, während anhand der Gustloff-Werke I (Weimar) und II (Buchenwald) sowohl der – letztlich ergebnislose – Versuch der Ökonomisierung der Häftlingsarbeit als auch die Beteiligung vieler Deutscher dargelegt werden können. Das Kleine Lager verweist schließlich auf den Funktionswandel und den Einsatz von Häftlingen in den Außenlagern der Kriegswirtschaft. In Mittelbau-Dora ist die Stollenanlage im Kohnstein ein eindringliches Beispiel für die Bedenkenlosigkeit, mit der Menschenleben geopfert wurden, um die Illusion der Siegeszuversicht aufrecht zu erhalten, und für den gescheiterten Versuch, qualifizierte Tätigkeiten für die Rüstungsindustrie durch Häftlinge ausführen zu lassen, ohne die mörderischen Existenzbedingungen zu verändern. Die Fahrt durch die „KZ-Landschaft“ im Südharz schließlich macht die Allgegenwart sämtlicher Formen der Zwangsarbeit in der deutschen Kriegsgesellschaft sichtbar. An allen Stationen werden die Fragestellungen anhand konkreter Beispiele mit der historischen Überlieferung (Dokumente, Fotos, Zeitzeugenberichte, Fundstücke, Arbeitsblätter) verknüpft, um die Lernziele altersgerecht und teilnehmerorientiert zu vermitteln.

 


Tag 1

Vormittags: 

  • Ankunft in Weimar
  • Seminareröffnung in der Gedenkstätte Buchenwald
  • Erste Führung durch die Gedenkstätte (vom ehemaligen Bahnhof über das Lagertor bis zum Appellplatz und zu weiteren Orten im ehemaligen Häftlingslager)

Nachmittags:

  • Einführungsfilm zur Geschichte des KZ Buchenwald
  • Vortrag zur Lagergeschichte am Modell
  • Zweite Führung durch die Gedenkstätte (Häftlingsrevier, Kleines Lager, Arrestzellenbau und Krematorium)

Abends:

  • Gespräch zu einzelnen Themen, Nutzung der Dokumentationen und digitalen Sammlungen für individuelle Recherchen
  • Übernachtung in der Jugendbegegnungsstätte Buchenwald

Tag 2

Vormittags:

  • Besichtigung der Stätten der Zwangsarbeit in Buchenwald (Steinbruch, Gustloff-Werke, SS-Bereich)
  • Besuch der Dauerausstellung der Gedenkstätte
  • Auswertungsgespräch

Nachmittags:

  • Fahrt von der Gedenkstätte Buchenwald zur KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, Nordhausen

Abends:

  • Führung durch die KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora und die Stollenanlage im Kohnstein
  • Übernachtung in Nordhausen

Tag 3

Vormittags:

  • Fahrt durch die „KZ-Landschaft“ im Südharz (kommentierte Busreise mit Halt an mehreren Stationen ehemaliger Lager des KZ-Komplexes Mittelbau)

Mittagspause auf der Wegstrecke

Nachmittags:

  • Fortsetzung der Fahrt zum ehemaligen Sterbelager des KZ Mittelbau, der „Boelcke-Kaserne“ in Nordhausen
  • Übernachtung in Nordhausen

Tag 4

Vormittags:

  • Auswertung der Fahrt und Anreicherung der Eindrücke durch Dokumentensichtung in der KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora
  • Besuch der Dauerausstellung der Gedenkstätte

Nachmittags:

  • Seminarauswertung und -abschluss

 

Das Seminarbeispiel umfasst vier Tage. Entsprechend den Wünschen der Gruppe kann das Programm auch um weitere Module ergänzt werden, sodass es fünf Tage und mehr umfassen könnte. Die Mindestdauer des Seminars Zwangsarbeit und Konzentrationslager beträgt drei Tage.

Module können auf unterschiedliche Lernvoraussetzungen und Altersstufen zugeschnitten werden.


Informationen & Anmeldung:

Die Unterbringung erfolgt zunächst in der Jugendbegegnungsstätte Buchenwald, in Nordhausen im Jugendgäste- und Bildungshaus Rothleimmühle (jeweils EZ, DZ, Mehrbettzimmer). Die Seminarkosten ergeben sich aus der An- und Abreise, dem Transfer von Buchenwald nach Mittelbau-Dora und zu den Außenlagerstandorten sowie der Unterkunft und Verpflegung. Die optimale Teilnehmerzahl liegt zwischen 15 und 25 Personen. Das Seminar richtet sich an Interessenten, die bereits über allgemeine Kenntnisse zum Thema NS-Konzentrationslager verfügen und zum Thema Zwangsarbeit vertiefend arbeiten wollen. Das Seminar wird dem jeweiligen Kenntnisstand der Teilnehmenden angepasst. Es kann sowohl für Schülerinnen und Schüler als auch im Rahmen der Erwachsenenbildung bzw. als Weiterbildung für Multiplikatorinnen und Multiplikatoren angeboten werden.

Das Seminar wurde entwickelt im Rahmen der internationalen Wanderausstellung „Zwangsarbeit im Nationalsozialismus“, gefördert von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“.


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